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AutorenbildDavid von der Thannen

Viele Fragen, aber (noch) keine Antworten: die Kika/Leiner-Insolvenz

Es ist eine historische Pleite, im wahrsten Sinne des Wortes: Die traditionsreichen Möbelhäuser Kika und Leiner stehen ohne Geld - und über 1000 ihrer Angestellten deshalb bald ohne Job - da. Die Folge dieses finanziellen Fiaskos ist das größte österreichische Insolvenzverfahren der vergangenen 10 Jahre. Doch damit noch nicht genug. Medienberichte der vergangenen Wochen geben Anlass zur Vermutung, dass in den letzten Geschäftsjahren des Unternehmens nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sein könnte. Ein vom Insolvenzgericht bestellter Sonderverwalter soll nun Licht ins Dunkel bringen.


Alles von Anfang an: Was bisher geschah Kika und Leiner sind nur auf den ersten Blick zwei voneinander unabhängige Einrichtungshäuser. Tatsächlich stecken sie rechtlich nämlich “unter einer Decke” und werden von der sogenannten Leiner & kika Möbelhandels GmbH betrieben. Diese Gesellschaft hat nun am 12. Juni einen Insolvenzantrag gestellt. Dazu ist ein Unternehmen nach der Insolvenzordnung verpflichtet, wenn es entweder zahlungsunfähig (also mehr als 5 % seiner fälligen Schulden nicht begleichen kann) oder überschuldet ist.


Anders als häufig angenommen führt eine Insolvenz aber keineswegs zwangsläufig zum “Tod” eines Unternehmens, sondern kann vielmehr auch als Instrument zur wirtschaftlichen Wiederbelebung schwer angeschlagener Betriebe genutzt werden. Genau das strebt auch die Leiner & kika Möbelhandels GmbH an, die in den vergangenen Jahren Schulden in Höhe von knapp 340 Mio. Euro angehäuft hat. Darum hat die Gesellschaft einen sogenannten Sanierungsplan vorgelegt und ihren Gläubigerinnen die Bezahlung von je 20 % ihrer Schulden angeboten - Diese sollen im Umkehrschluss also auf 80 % ihrer offenen Forderungen verzichten, um das Fortbestehen von Kika/Leiner zu sichern. Ein solcher Vorschlag hört sich aus Sicht der verärgerten Gläubigerinnen zwar wenig verlockend an, stellt aktuell aber womöglich deren beste Handlungsalternative dar: Lehnen sie den Sanierungsplan ab und schicken Kika/Leiner “in den Konkurs”, drohen sie nämlich zur Gänze auf ihren Forderungen sitzen zu bleiben.


Viel Ärger und genauso viele Fragen

Ob der von Kika/Leiner vorgelegte Sanierungsplan angenommen wird, ist aktuell aber alles andere als sicher. Denn mediale Beobachterinnen haben in den vergangenen Wochen wiederholt - natürlich keinesfalls bewiesene (!) - Bedenken angemeldet, ob die Insolvenz von Kika/Leiner womöglich entweder verhindert oder zumindest früher angemeldet werden hätte müssen.


Vorwurf 1: Die womöglich überhöhten Mieten

Zum einen wird spekuliert, die Leiner & kika Möbelhandels GmbH - und vor allem deren ehemaliger Investor René Benko - könnte ihr Vermögen dadurch vermindert haben, dass sie für die Nutzung ihrer Geschäftsräume überhöhte Mieten an die Kika und Leiner Immobilien GmbH gezahlt hat. Diese Immobiliengesellschaften waren rechtlich zwar unabhängig von der Möbelhandels GmbH, hatten aber mehrere Jahre lang ein und denselben Eigentümer: die Investorengruppe rund um René Benko. Wenn die von der Möbelhandels GmbH gezahlten Mieten tatsächlich zu hoch gewesen und ihre Finanzmittel dadurch zugunsten ihres Eigentümers geschmälert worden sein sollten, dann stellt das einen Verstoß gegen das juristisch bedeutende Verbot der Einlagenrückgewähr dar.


Vorwurf 2: Mögliche Insolvenzverschleppung

Zudem fragt sich, ob die Leitungsorgane von Kika/Leiner nicht schon seit längerem zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet gewesen wären. Auch dafür gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine Beweise, sondern allenfalls lose Anhaltspunkte. Ein solcher Anhaltspunkt betrifft zum Beispiel die 2022 durchgeführte “Verschmelzung” von Kika und Leiner zu einer gemeinsamen Gesellschaft. Mutmaßlich wurde Kika schon damals nur deshalb eine positive Fortbestehensprognose ausgestellt, weil die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Konflikts womöglich noch nicht in die damalige Unternehmensbilanz einbezogen wurden. Sollte sich dieser Vorwurf erhärten, könnten bestimmte Geschäfte von Kika/Leiner durch deren Gläubigerinnen nachträglich angefochten werden.


Ist René Benko schon aus dem Schneider?

Auf Kika/Leiner und deren ehemaligen Investor René Benko könnte damit noch einiges zukommen. Dagegen spricht auch nicht, dass Benko die Gesellschaft kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verkauft und sich damit gegenüber dem Käufer haftungstechnisch abgesichert hat: Diesem haftet Benko’s Gesellschaft aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung skurrilerweise nämlich maximal in der Höhe von 3 Euro. Eine solche Vereinbarung hat aber keine Auswirkungen auf die Ansprüche, die sämtliche andere Unternehmen in den kommenden Monaten erheben könnten. Inwieweit Benko tatsächlich aus dem Schneider ist, wird damit vor allem auch von den Erhebungen des Wiener Anwalts Stefan Riel abhängen: Ihn hat das Insolvenzgericht damit beauftragt, die beschriebenen Vorgänge genau unter die Lupe zu nehmen! Das Ergebnis darf mit Spannung erwartet werden!


  • Wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist, hat es die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen.

  • Ein Insolvenzverfahren führt nicht zwangsläufig zur Abwicklung - also zur Einstellung - des insolventen Unternehmens. Das sogenannte Sanierungsverfahren dient vielmehr dazu, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern.

  • Im Rahmen der Insolvenz von Kika/Leiner sind noch viele Fragen offen: Insbesondere fragt sich, ob die Leitungsorgane des Unternehmens die Insolvenz nicht schon früher hätten anmelden müssen. Außerdem wird Kika/Leiner vorgeworfen, überhöhe Mieten an seine eigenen "Schwestergesellschaften", die Kika und Leiner Immobilien GmbH gezahlt zu haben.

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