Primärversorgungsgesetz: Gesundheit geht vor - oder doch nicht?
Die Bundesregierung hat gestern, Mittwoch, viele Regierungsvorlagen beschlossen. Diese müssen noch den Nationalrat passieren, können aber zum großen Teil mit den Stimmen der beiden Regierungsparteien beschlossen werden. Eine davon betrifft die Primärversorgung. Das erst 2018 erlassene Primärversorgungsgesetz (PrimVG) soll bereits jetzt abgeändert werden.
Auch einige andere wichtigen Regierungsvorlagen wurden beschlossen [bitte aufklappen]
Jede dieser Regierungsvorlagen würde einen eigenen Beitrag rechtfertigen - der Regierung kann man jedenfalls nicht vorwerfen, untätig zu sein. Aber hier geht es um die Rechtslage bei der Gesundheitsversorgung. Und die ist kompliziert genug.
Die Ausgestaltung der gesetzlichen Krankenversicherung in Österreich
In Österreich besteht ein System der automatischen Pflichtversicherung für Erwerbstätige. Dieses umfasst grundsätzlich die Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung. Daher ist jede Arbeitnehmerin (und deren Angehörige) verpflichtend gesetzlich krankenversichert. Zusätzlich kann man eine private Krankenversicherung abschließen, aus der gesetzlichen Krankenversicherung kann man jedoch nicht aussteigen. Träger der Krankenversicherung in Österreich sind seit dem Jahr 2020 für den Großteil der unselbstständig Erwerbstätigen die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) sowie die Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) und die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB).
Die Leistung der Krankenversicherung ist vor allem die Krankenbehandlung. Diese umfasst ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe . Die Krankenbehandlung wird für die Versicherten grundsätzlich als Sachleistung erbracht. Das heißt, dass man als Versicherte nicht für die Leistungen bezahlen muss, sondern die Ärztin direkt über die Versicherung abrechnet. Möglichst alle Versicherten sollen ohne finanzielle Schranken Zugang zur Krankenbehandlung haben. Das muss der Träger der Krankenversicherung laut § 23 Abs 2 ASVG sicherstellen:
„Insbesondere obliegt es ihm, für die Krankenbehandlung der Versicherten und ihrer Familienangehörigen ausreichend Vorsorge zu treffen.“
Die "ausreichende Vorsorge" treffen die Träger der Krankenversicherung durch den Abschluss von Verträgen mit einzelnen Berufsgruppen, also Ärztinnen, Zahnärztinnen, Apothekerinnen, Hebammen, Pflegepersonen, und weiteren. Diese sollen dann die Sachleistungen direkt den Versicherten anbieten. Für den Bereich der niedergelassenen Ärztinnen schließen die Träger der Krankenversicherung einen sogenannten Gesamtvertrag mit der Ärztekammer für die einzelnen Bundesländer ab. Die Ärztekammer ist die gesetzliche Interessenvertretung der Ärztinnen. Ihr kommen viele Aufgaben zu. Ein wichtiger Teil des Gesamtvertrages ist der Stellenplan, der die Anzahl und Verteilung der Vertragsärztinnen regelt. Bei der Planung der Stellen müssen die Regionalen Strukturpläne Gesundheit (RSG) berücksichtigt werden, die die Versorgung der nächsten Jahre planen. Diese werden zwischen dem Träger der Krankenversicherung und dem jeweiligen Land vereinbart.
Sind alle Ärztinnen in Österreich Vertragsärztinnen? [bitte aufklappen]
Primärversorgungseinheiten
Das „Wahlärztesystem“ wird immer wieder kritisch diskutiert. In Österreich besteht laut Meinung von vielen ein Ärztemangel. Eine der angebotenen Lösungen ist die Primärversorgung. Diese ist gesetzlich im Primärversorgungsgesetz geregelt und sieht die Einrichtung von Primärversorgungseinheiten vor. Sie sollen in der Gesundheitsversorgung eine wesentliche Rolle spielen und sind bzw. sollen die Erstanlaufstellen im Gesundheitsversorgungssystem sein.
In den Primärversorgungseinheiten arbeiten unterschiedliche Berufsgruppen zusammen. Es gibt derzeit 40 solcher Einheiten. Ursprünglich war geplant, 75 Einheiten bis Ende 2021 zu schaffen. Laut Gesundheitsminister Johannes Rauch würde die Ärztekammer den Ausbau blockieren. Bis 2025 sollen es 120 sein. Der Rechnungshof hat die langsame Umsetzung bereits kritisiert.
Der neue Gesetzesentwurf sieht nun ein vereinfachtes Verfahren für die Einrichtung von Primärversorgungseinheiten vor. Dieses kommt zur Anwendung, wenn in der jeweiligen Versorgungsregion im Bereich der Allgemeinmedizin zwei Planstellen zumindest ein halbes Jahr unbesetzt sind. Dann kann der Träger der Krankenversicherung zur Bewerbung einladen. Auch Wahlärztinnen sollen die Möglichkeit haben, sich zu bewerben. Es wird sich zeigen, ob nun die Einrichtung rascher geschehen wird.
Kurz gesagt:
Die Leistung der Krankenversicherung ist vor allem die Krankenbehandlung, die die ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe umfasst. Die Krankenbehandlung wird für die Versicherten grundsätzlich als Sachleistung erbracht.
Die ausreichende Vorsorge treffen die Träger der Krankenversicherung durch den Abschluss eines Gesamtvertrages mit Ärztinnen. Ein wichtiger Teil des Gesamtvertrages ist der Stellenplan, der die Anzahl und Verteilung der Vertragsärztinnen regelt.
Das „Wahlärztesystem“ wird immer wieder kritisch diskutiert. In Österreich gibt laut Meinung von vielen einen Ärztemangel. Eine der angebotenen Lösungen ist die Primärversorgung. Durch ein vereinfachtes Verfahren soll deren Einrichtung beschleunigt werden.
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