Mogelpackungen: Zu viel Luft nach oben
Luft statt Inhalt: Ein Säckchen Schnitten aus dem Hause Manner war nur in etwa zur Hälfte befüllt und daher nach Ansicht des Oberlandesgerichts Wien eine „Mogelpackung“. Wie viel Luft ist zu viel Luft und ab wann kann man von einer „Mogelpackung” sprechen?
Manner hat gemogelt. Das bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Wien in einer rechtskräftigen Entscheidung vom 27. Februar 2023. Darin hielt es fest, dass die Verpackung der „Mozart-Schnitten“ irreführend ist. Grund dafür war zu viel Luft. Der Beutel, in dem die Schnitten verkauft wurden, ist nur zur Hälfte befüllt. Kurz gesagt: eine „Mogelpackung“, die durch ihre Aufmachung über die Menge der darin enthaltenen Waren täuscht.
Dazu kam, dass zwei andere Schnitten-Sorten aus dem Manner-Sortiment in gleich hohen Beuteln verpackt sind. Während diese jeweils mit 400 Gramm „Neapolitaner-Schnitten“ beziehungsweise „Mignon-Schnitten“ befüllt sind, betrug die Füllmenge bei den „Mozart-Schnitten“ jedoch nur 300 Gramm. Der einzig naheliegende Grund dafür sind – dem OLG Wien zufolge – die höheren Produktionskosten der „Mozart-Schnitten“, die der Hersteller durch die geringere Füllmenge ausgleichen will.
Wie viel Luft ist zu viel Luft?
In Österreich ist der Befüllungsgrad nicht gesetzlich geregelt. Es muss daher im Einzelfall entschieden werden, was als Mogelpackung gilt. Das OLG Wien berief sich dazu auf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) aus dem Jahr 2019. Hier hatte das Höchstgericht mit Blick auf eine Verpackung von „Milka Choco Trio“-Kuchenstücken festgehalten, dass ein Verpackungsleerstand von 40 bis 50 Prozent grundsätzlich Irreführungspotenzial hat. In einer vergleichbaren Entscheidung aus dem Jahr 2018 war das Handelsgericht Wien zu dem Schluss gekommen, dass eine Starbucks-Teeverpackung mit 12 Teebeuteln irreführend sei, in die etwa doppelt so viele Teebeutel gepasst hätten.
Verpackungsärger bei Verbrauchern
Geklagt hat in all diesen Fällen der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Verbraucher, die sich beim VKI über überdimensionierte Verpackungen beschweren, würden sich unter anderem über die Ressourcenverschwendung ärgern, berichtet der VKI. „Gerade in Zeiten, in denen die Umweltverträglichkeit der Verpackung und die Einsparung von Plastik eine immer größere Rolle“ spielen, erwarte ein Verbraucher nicht, dass Verpackungen zu weniger als 50 Prozent befüllt sind, erwähnte auch das OLG Wien in der Manner-Entscheidung.
Folgt man einer Erhebung der deutschen Verbraucherzentrale, gibt es allein in Deutschland jährlich 43.900 Kilo „unnötigen“ Verpackungsmüll. Das macht zwar nur rund 0,2 Prozent des gesamten jährlichen Verpackungsmülls aus. Dieser Müll könnte aber „jederzeit und ohne jeglichen Funktionsverlust vermieden werden“, so das Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg und die Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung, die die Studie durchgeführt haben.
Gewichtsangaben reichen nicht
Der Süßwarenhersteller Manner verteidigte sich vor Gericht damit, dass auf jeder Verpackungsseite der „Mozart-Schnitten“ das Füllgewicht angeführt ist und Verbraucher somit ohnehin wissen würden, wie viele Schnitten sie für ihr Geld bekommen. Nach der Ansicht des OLG Wien genügt das in diesem Fall aber nicht. Selbst ein aufmerksamer Verbraucher beschäftige sich viel eher mit anderen Details als mit dem Füllgewicht – etwa mit der Schokoladenart, Inhaltsstoffen oder Eigenschaften wie „bio“ oder „fair trade“.
Dazu kommt, dass die Schnitten nur wenige Euro kosten, „sodass auf einen Preisvergleich und den Preis pro hundert Gramm kein besonderes Augenmerk gelegt wird“, so das OLG Wien. Ohnedies könne sich ein Verbraucher wenig unter 300 Gramm Schnitten vorstellen – anders als bei Produkten, die er regelmäßig nach Gewicht kauft, wie etwa Mehl oder Zucker. Wer Mogelpackungen erkennen will, wirft daher am besten immer einen Blick auf den Preis pro Mengeneinheit statt auf die Größe der Verpackung.
Kurz gesagt
Das Oberlandesgericht Wien entschied rechtskräftig, dass die Verpackung der „Mozart-Schnitten“ aus dem Hause Manner irreführend ist, weil sie nur bis zur Hälfte befüllt ist und damit eine „Mogelpackung“ darstellt.
Der Begriff „Mogelpackung“ beschreibt eine Fertigverpackung, die durch ihre äußere Aufmachung über die Menge der darin enthaltenen Waren irreführt.
Was als Mogelpackung gilt, muss im Einzelfall entschieden werden. Ein Verpackungsleerstand von rund 40 bis 50 Prozent hat grundsätzlich Irreführungspotenzial.
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Antonia Hotter passt als Gastautorin zu überzuckert wie die Faust aufs Auge. Denn genau wie unser Projekt verbindet auch Antonia juristisches Know-How mit journalistischer Leidenschaft. Ihre Faszination fürs Schreiben hat sie - zumindest für eine Weile - sogar zum Beruf gemacht und für verschiedene Medien gearbeitet. Mittlerweile gilt Antonias ungeteilte Aufmerksamkeit aber wieder der Rechtswissenschaft. Das freut uns besonders, können wir so doch auch weiterhin auf lehrreiche Beiträge unserer bis dato jüngsten Gastautorin hoffen!
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