Klimaschutzgesetz: Don´t Stop Believing?!
Über 600 Tage. So lange gibt es jetzt schon kein wirksames Klimaschutzgesetz (KSG) mehr. Über die Notwendigkeit dies zu ändern wird aktuell in der auf Bundesebene bestehenden Regierungskoalition zwischen Grünen und ÖVP diskutiert. Forscherinnen und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft sind sich dabei schon jetzt einig: Es muss besser jetzt als gleich gehandelt werden. Die Frage, was ein Klimaschutzgesetz kann bzw. können soll und welchen Mehrwert es für den Klimaschutz in Österreich liefern könnte, soll hier in einem kurzen Überblick erklärt werden.
Ich sage „Klimaschutz“, ihr sagt „Gesetz“
Zunächst stellt sich die Frage: Warum werden überhaupt „eigene“ Klimaschutzgesetze entwickelt? Das liegt einerseits daran, dass der Klimawandel die größte Herausforderung ist, vor der wir aktuell stehen. Und sie wird auch nicht geringer, wenn man sich vor den mit ihm einhergehenden Herausforderungen versteckt. Andererseits machen auch völker- und unionsrechtliche Verpflichtungen zur Reduktion von Treibhausgasen den Erlass von Klimaschutzgesetzen erforderlich. Durch diese wurden auch für Österreich Höchstmengen zulässiger Treibhausgasemissionen festgelegt. Genaueres zu diesen international vorgegebenen Klimaschutzzielen haben wir bereits in unserem ersten überzuckert Artikel zusammengefasst.
Irgendwie, irgendwo, irgendwann…
Grund für ein Klimaschutzgesetz ist vor allem die Koordinierung der Klimaschutz-Maßnahmen. Denn - wie allseits bekannt und oft wiederholt - der Klimaschutz ist ein komplexes Thema. Es bedarf also vieler verschiedener Maßnahmen in unterschiedlichen, klimaschutzrelevanten Bereichen, um hierbei wirksame Schritte setzen zu können. Deshalb soll das Klimaschutzgesetz gemäß § 1 KSG „eine koordinierte Umsetzung wirksamer Maßnahmen zum Klimaschutz ermöglichen“.
Um die Koordinierung zu erleichtern, werden zudem „Verpflichtungszeiträume“ festgelegt. Für diese sollen Sektoren (z.B. Abfall, Energie, Verkehr oder Landwirtschaft) und geplante Klimaschutz-Maßnahmen zur Erreichung der Sektorenziele festgelegt werden. Dabei wird für das KSG auch der Begriff der „Maßnahme“ definiert. Diese muss nämlich nach § 3 KSG eine „messbare, berichtbare und überprüfbare Verringerung oder Verstärkung der Kohlenstoffsenkung zur Folge haben“.
Vienna, we have a problem
Verpflichtungszeiträume, da war ja was. Und genau das steht im Zentrum der aktuellen Debatte. Die nach dem KSG festgelegten Verpflichtungszeiträume sind nämlich abgelaufen. Der letzte Zeitraum, für den ein Maßnahmenplan vorlag, war 2013-2020. Nach den Erläuterungen zu § 3 Abs 2 KSG besteht zwar die Pflicht, bereits neun Monate vor dem Auslaufen des alten Verpflichtungszeitraums mit den Verhandlungen über einen neuen Maßnahmenplan zu beginnen. Trotzdem sind wir aktuell Klimaschutz-Maßnahmen-planlos.
„Aus Verantwortung für Österreich“
In dem Namen des aktuellen Regierungsprogramm, in dem unter anderem auch die Novellierung des KSG für die Zeit nach 2020 vorgesehen ist, versteckt sich auch das Stichwort für einen der zentralen Streitpunkte innerhalb der Koalition: die Verantwortung.
Denn beim KSG stellt sich die Frage, wie die Verantwortlichkeiten bei der Nichteinhaltung der Treibhausgasemmissions-Höchstmengen verteilt werden. Nach § 7 des KSG soll dies „in einer gesonderten Vereinbarung“ festgehalten werden. Eine solche wurde bis heute jedoch nicht getroffen. Vielmehr (oder eher weniger) wurde in §§ 28 und 29 des Finanzlastenausgleichsgesetzes (FAG), mit dem die Aufteilung der staatlichen Finanzen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geregelt wird, festgelegt, dass es eine pauschale Kostenaufteilung (80% Bund, 20% Land) bei dem Ankauf von Klimaschutz-Zertifikaten geben soll. Diese Tatsache führt neben den im KSG fehlenden Schutzzielen und der nicht vorhandenen Erschließung von Finanzmittel für die Umsetzung der Maßnahmen zu einer oftmals ernüchternden Einschätzung der bestehenden Bestimmungen.
Veränderung: Ja!
Dies und noch vieles anderes, so der Plan der Klimaschutz-Ministerin Leonore Gewessler, soll sich mit der Anpassung des KSG ändern. Ziel soll die Klimaneutralität bis 2040 sein. Neben der konkreten Verteilung der Kostenverantwortung für die Nichterfüllung der Zielbestimmungen ist auch geplant die Klagsrechte der Bürgerinnen im Bereich des Klimaschutzes zu stärken und auch die Möglichkeit zur Setzung von Sofortmaßnahmen zu etablieren.
Die Verhandlungen über das neue KSG dauern schon lange an. Es ist jedoch leider zu vermuten, dass es auch noch eine Zeit lange im Stadium der Abstimmung zwischen den Regierungsparteien bleiben wird.
Kurz gesagt:
Das Klimaschutzgesetz (KSG) basiert auf internationalen Verpflichtungen Österreichs zur Reduktion der Treibhausgasemissionen und soll die Koordinierung der Klimaschutzmaßnahmen Österreichs regeln.
Das KSG zielt darauf ab, Sektorziele und effektive Maßnahmen für die Erreichung der Klimaschutzziele zu verankern. Die konkrete Ausgestaltung soll anhand von Maßnahmenplänen erfolgen und für einen Verpflichtungszeitraum festgelegt werden. Der letzte fixierte Verpflichtungszeitraum war zwischen 2013 und 2020. Seitdem gibt es keinen geltenden Maßnahmenplan.
Das KSG soll angepasst werden, um das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 zu erreichen. Dabei sollen nach BM Gewessler insbesondere die Veranwortlichkeitsmechanismen gestärkt, die individuelle Klagemöglichkeit ausgebaut und die Möglichkeit zur Setzung von Sofortmaßnahmen etabliert werden. Die Abstimmungen hierzu laufen noch.
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