If you can dream it, you can patent it! Über Patente in Österreich
Erst unlängst war das Thema Patentschutz wieder in aller Munde, und zwar in Bezug auf COVID-19-Impfstoffe. Auch gibt es viele Redewendungen zu Patenten – vom „Patentrezept haben“ bis zu „eine patente Idee haben“. Was genau aber ist eigentlich ein Patent? Und was kann ich damit machen?
Die Idee hinter einem Patent ist: Die Erfinderin soll für ihre Kreativität, für ihre langwierige Forschungsarbeit belohnt werden, indem andere ihre Erfindung nicht „stehlen“ können. Sie alleine soll, um es etwas dramatisch auszudrücken, die Früchte ihrer Arbeit ernten können. Soweit die Theorie, denn als Kritik an Patenten wird oft eingewendet, dass sie eher großen, globalen Unternehmen helfen, ihre oft beträchtliche Marktmacht zu verteidigen und „den Kleinen“ dadurch schaden. Wie so oft gibt es 2 Seiten der Medaille. Ob Patente gut oder schlecht sind, ist eine sehr komplexe Frage. Jedoch wollen wir uns in diesem Artikel nur einmal grundlegend ansehen, was Patentschutz ist und wie er funktioniert.
Es gibt kein Patent für Geheimes
Patentschutz ist ein Tausch: Die Erfinderin teilt mit der ganzen Welt ihre Erfindung. Dafür garantiert ihr der Staat einen Schutz für maximal 20 Jahre. Innerhalb dieser 20 Jahre darf ihre patentierte Erfindung nur von der Erfinderin (oder mit ihrer Erlaubnis) hergestellt und verkauft werden. Dabei gilt das sogenannte Territorialitätsprinzip: Der Patentschutz gilt nur in den Staaten, in denen das Patent erteilt wurde. Das bedeutet, dass zB eine Erfinderin, die ihre Erfindung beim österreichischen und im spanischen Patentamt einreicht, keinen Schutz für Japan erhält – in Japan kann ihre Erfindung somit einfach nachgemacht werden.
First things first: Patente erteilen darf nur ein Staat (in Österreich das in Wien beheimatete Österreichische Patentamt) oder eine internationale Organisation (in Europa gibt es das Europäische Patentamt). Dabei nehmen speziell qualifizierte Patentprüferinnen die eingereichten Patentunterlagen genau unter die Lupe. Was genau muss eine Erfinderin in diese Unterlagen hineinschreiben? Das muss man sich so vorstellen: Die Patentanmeldung muss so genau sein, dass jeder Fachmann nach dem Lesen der Patentschrift die Erfindung prinzipiell „nachbauen“ kann.
Patente können nur für technische Erfindungen erteilt werden, wobei es zahlreiche Ausnahmen gibt (§ 2 Patentgesetz): So etwa dürfen beispielsweise Verfahren zum Klonen von Lebewesen, chirurgische oder therapeutische Verfahren, Tierrassen, usw. nicht patentiert werden.
Davon abgesehen gibt es weitere Voraussetzungen für Patente. Die beiden wichtigsten sind:
NEUHEIT: Patentierbar ist nur, was weltweit neu ist. Was bedeutet neu? Jede Idee, die bereits in einem Buch oder einer Zeitschrift steht, in einem öffentlichen Internetforum gepostet wurde oder bei „2 Minuten 2 Millionen“ gepitcht wurde, ist nicht mehr neu. Ob sie tatsächlich jemandem bekannt ist, ist hier nicht relevant. Selbst wenn die Idee der Erfindung in einem Buch steht, das in einem buddhistischen Kloster in China liegt, ist sie nicht mehr neu! Für solche Erfindungen kann kein Patent mehr erteilt werden. Natürlich ist es unmöglich für das Patentamt, alle Bibliotheken weltweit zu durchsuchen. Zwar recherchieren die Patentprüferinnen in speziellen Datenbanken sehr genau nach ähnlichen Erfindungen, dennoch kann einmal etwas übersehen werden. Daran hat natürlich der Gesetzgeber gedacht: In einem sogenannten Nichtigkeitsverfahren am Patentamt kann von jeder Person ein Patent aus speziellen Gründen gelöscht werden. Zum Beispiel weil es im Anmeldezeitpunkt nicht mehr neu war, dies aber damals übersehen wurde.
ERFINDERISCHE TÄTIGKEIT: Darunter versteht man: Was würde die durchschnittliche Fachfrau machen, die vor demselben technischen Problem steht, um es zu lösen? Wenn diese „einfach von selbst“ auf die Lösung kommt, die das angemeldete Patent vorschlägt, dann handelt es sich um keine erfinderische Tätigkeit. Diese Einschätzung trifft die jeweilige Patentprüferin. Ein Patent kann also nicht erteilt werden, wenn nach ihrer Einschätzung keine Erfinderische Tätigkeit vorliegt. Das ist sehr abstrakt, somit ein Beispiel: Wenn es bisher nur Trinkhalme aus Kunststoff gibt, dann ist ein Trinkhalm aus einem essbaren Material weltweit neu (Spoiler Alert: gibt es aber bereits ;-) ). Aber wenn es bereits andere Küchenutensilien aus diesem essbaren Material gibt (zB essbare Gabeln), dann liegt bei dem Trinkhalm keine „erfinderische Tätigkeit“ mehr vor. Denn einer Erfinderin, die Gabeln aus einem essbaren Material macht, könnte es naheliegend einfallen, daraus auch Trinkhalme zu machen.
Wenn schließlich alle Voraussetzungen erfüllt sind, wird vom Patentamt das Patent erteilt. Obwohl das alles nach sehr strengen Voraussetzungen klingt, steigt jedes Jahr die Anzahl an neuen Patenten an. Im Jahr 2020 gab es beim Europäischen Patentamt etwa 180.000 Patentanmeldungen, 2016 waren es 159.000. Österreich steht übrigens sehr gut da: Bezogen auf die Patentanmeldungen pro Einwohner ist Österreich in der EU auf Rang 6 und weltweit auf Rang 11 (Quelle: WIPO, 2019).
Wer nicht erfindet, verschwindet
Und wer die Gebühr für sein Patent nicht zahlt, verliert es. Denn die Erfinderin ist verpflichtet, in regelmäßigen Abständen eine Gebühr an das Patentamt zu zahlen. Wenn die Gebühr nicht bezahlt wird, dann erlischt das Patent und somit auch der Schutz.
Mit Erteilung wird die Patentschrift auch in einer weltweiten Datenbank veröffentlicht. Auf diese Weise soll jede Person die Erfindung nachvollziehen können und gegebenenfalls dadurch zu weiteren Innovationen inspiriert werden. Jede Person könnte also auch die Erfindung nachbauen und weiterverkaufen. Aber Vorsicht: das ist natürlich nur in den Staaten erlaubt, in denen die Erfinderin nicht ihr Patent angemeldet hat! In diesen Staaten muss man dafür die Erfinderin um Erlaubnis fragen. Oft wird das mit sogenannten Lizenzverträgen gemacht – das könnte zum Beispiel so aussehen: Die Erfinderin erlaubt dem Lizenznehmer, das geschützte Produkt herzustellen und zu verkaufen. Dafür muss der Lizenznehmer der Erfinderin einen gewissen Prozentsatz vom Gewinn abgeben.
Kurz gesagt:
Die Idee hinter Patenten ist, dass die Erfinderin ihre Arbeit mit der Welt teilt und im Gegenzug einen Schutz von maximal 20 Jahren erhält. In dieser Zeit dürfen andere die Erfindung nicht nachbauen und weiterverkaufen.
Voraussetzung ist unter anderem, dass die Idee weltweit neu ist - wenn vor der Erfinderin schon jemand dieselbe Idee hatte, kann kein Patent mehr erteilt werden.
Darüber hinaus muss es sich um eine erfinderische Tätigkeit handeln, dh eine durchschnittliche Fachfrau dürfte nicht einfach von selbst auf die Lösung der Erfinderin kommen.
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Julian Schedl hat Rechtswissenschaften an der JKU Linz und Technische Physik an der TU Wien studiert; derzeit absolviert er seine Gerichtspraxis. Obendrauf hat er seine Talente zuvor als Jurist im Patentamt vereint - insofern war dieser Artikel für ihn ein "Heimspiel".
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