„I am from Austria" oder etwa doch nicht? Wer Österreichs Staatsbürgerinnen sind!
„Staatsbürgerschaft wird dadurch entwertet, dass viele von ihr ausgeschlossen sind“, „Staatsbürgerschaft ist Verantwortung“, „Brauchen wir niedrigere Hürden für die Staatsbürgerschaft?“ – das sind Schlagzeilen, die in den vergangenen Wochen die Zeitungen dominierten. Diese werfen zwei grundlegende Fragen auf, nämlich: Unter welchen Voraussetzungen erhält man die österreichische Staatsbürgerschaft? Wann verliert man diese?
In Österreich gilt das sogenannte „Abstammungsprinzip“ und nicht das „Geburtsortsprinzip“. Das bedeutet, man erwirbt die österreichische Staatsbürgerschaft grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der Geburt, wenn die Mutter österreichische Staatsbürgerin ist. Das gilt auch dann, wenn nur der Vater österreichischer Staatsbürger ist, unter der Voraussetzung, dass die Eltern verheiratet sind. Für den Fall, dass nur der Vater österreichischer Staatsbürger ist, die Eltern jedoch nicht verheiratet sind, erwirbt das Kind die österreichische Staatsbürgerschaft nur dann durch Abstammung, wenn der Vater binnen acht Wochen nach der Geburt des Kindes die Vaterschaft anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt wurde. Ist das Anerkenntnis oder die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft später als binnen acht Wochen nach der Geburt des Kindes erfolgt, hat das Kind die Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft unter erleichterten Bedingungen zu erwerben.
Unter welchen Voraussetzungen wird die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen?
Als österreichische Staatsbürgerin ist man aufgrund der Staatsbürgerschaft Trägerin von Rechten (unter anderem politischen Rechten, wie zB dem Wahlrecht) und Pflichten (zB der Wehrpflicht). Ob solche Bürgerpflichten begrüßenswert sind, ist ebenso Gegenstand gesellschaftlicher Diskussionen. Die Erlangung der Staatsbürgerschaft ist unter anderem aus diesem Grund an gewisse Voraussetzungen gebunden.
Neben dem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Abstammung gibt es auch die Möglichkeit, die Staatsbürgerschaft in Österreich durch Verleihung zu erwerben. Dafür ist es notwendig, dass allgemeine Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt sind und ein entsprechender Antrag gestellt wird. Grundsätzlich ist ein mindestens zehnjähriger, rechtmäßiger und ununterbrochener Aufenthalt in Österreich erforderlich, wobei es hier zu Abweichungen hinsichtlich der Dauer kommen kann (zB für EU-Bürgerinnen). Darüber hinaus hat die Antragstellerin unbescholten zu sein sowie einen ausreichend gesicherten Lebensunterhalt nachzuweisen. Zu den weiteren Voraussetzungen zählen ausreichende Deutschkenntnisse und Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung, der daraus folgenden Grundprinzipien sowie der Geschichte Österreichs und des entsprechenden Bundeslandes. Die Antragstellerin muss schließlich auch eine bejahende Einstellung, also keine antidemokratische Haltung, gegenüber der Republik Österreich besitzen, sodass gewährleistet ist, dass die öffentliche Ruhe, Sicherheit und Ordnung nicht gefährdet wird. Die Person darf keiner extremistischen oder terroristischen Gruppierung nahestehen. Diese Voraussetzungen zeigen deutlich, dass eben nicht jede die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen kann.
Verlust der Staatsbürgerschaft: Schneller als die Erlangung?
Mühsam wird die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt, rasch ist diese wieder verloren. Durch den freiwilligen Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft verliert man grundsätzlich die österreichische. Nur in folgenden Fällen wird die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft bewilligt und somit eine Doppelstaatsbürgerschaft anerkannt: Nämlich wenn
die Beibehaltung der österreichischen Staatsbürgerschaft im Interesse der Republik Österreich wegen erbrachter bzw. zu erwartender Leistungen liegt,
mit einem besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Privat- und Familienleben der Antragstellerin (zB zu erwartende erhebliche berufliche Beeinträchtigung) begründet wird und die österreichische Staatsbürgerschaft mit der Geburt erworben wurde oder
bei Minderjährigen dem Kindeswohl entspricht.
Darüber hinaus ist eine Doppelstaatsbürgerschaft auch erlaubt, wenn bei der Geburt zusätzlich zur österreichischen Staatsbürgerschaft auch eine andere Staatsangehörigkeit – zB durch Abstammung vom anderen Elternteil, wenn die Eltern unterschiedliche Staatsbürgerschaften haben – erworben wird. Die Betroffenen müssen sich auch nicht mit Erreichen der Volljährigkeit (also dem 18. Geburtstag) für eine der beiden Staatsbürgerschaften entscheiden.
Das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht auf dem Prüfstand
Laut einer aktuellen Studie von Migrationsexpertinnen der „Österreichischen Akademie der Wissenschaften“ (ÖAW) zählt das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht zu den restriktivsten der Welt. In der politischen Diskussion steht vor allem der Zeitpunkt des Staatsbürgerschaftserwerbes im Fokus. Manche argumentieren, dass die Erlangung der Staatsbürgerschaft als Anreiz für Einwanderer, um sich gesellschaftlich zu integrieren, am Ende des Integrationsprozesses zu sehen ist. Der Erwerb der Staatsbürgerschaft wird dieser Ansicht zufolge als „Belohnung“ betrachtet. Andere vertreten die Meinung, dass die Staatsbürgerschaftserlangung Voraussetzung für die Integration ist, da man teilweise erst dadurch den Zugang zu gewissen sozialen und politischen Rechten erhält. Letztere Vertreter fordern einen leichteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft.
Begehrt wird, dass – sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind – ein Rechtsanspruch, also ein einklagbarer Anspruch, auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft nach bereits sechs Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Österreich bestehen soll. Darüber hinaus wird gefordert, dass kurzfristige Unterbrechungen des Aufenthalts in Österreich nicht dazu führen, dass die Frist neu zu laufen beginnt, sondern dass die Zeit der Unterbrechung nachgeholt werden soll. Außerdem wird gewünscht, dass das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht um ein Element des „Geburtsortsprinzips“ ergänzt wird, was eine gravierende Änderung der geltenden Rechtslage wäre. Konkret bedeutet das, dass ein in Österreich geborenes Kind mit dem Zeitpunkt der Geburt die österreichische Staatsbürgerschaft erhalten soll, sofern zumindest ein Elternteil fünf Jahre rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich hatte. Als Argument wird hierfür angeführt, dass es der Integration nicht dienen würde, wenn in Österreich geborene Menschen einen langen Weg vor sich haben, um die Staatsbürgerschaft zu erwerben. Nach der derzeitigen Rechtslage ist die Ablegung einer Multiple-Choice-Prüfung zur Erlangung der Staatsbürgerschaft durch Verleihung notwendig. Anstelle dieser Prüfung wird ein Staatsbürgerschaftslehrgang gefordert, der die Grundkenntnisse der demokratischen Ordnung sowie die daraus ableitbaren Grundprinzipien und die Geschichte Österreichs vermitteln soll.
Die Bürgerinitiative „Doppelstaatsbürgerschaft in Österreich“ fordert hinsichtlich der Zulässigkeit von Doppelstaatsbürgerschaften Verbesserungen, da das grundsätzliche Verbot der Doppelstaatsbürgerschaft (abgesehen von den Ausnahmen) für „Auslandsösterreicherinnen“ – also österreichische Staatsbürgerinnen, die im Ausland ihren Hauptwohnsitz haben – sowohl berufliche als auch private Nachteile mit sich bringe. Seitens einer Regierungspartei finden die Reformvorschläge keinen Anklang, reagiert wurde folgendermaßen: „Die Linksparteien wollen mittels Masseneinbürgerungen die politischen Mehrheitsverhältnisse im Land ändern“. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Diskussionen rund um das Staatsbürgerschaftsrecht entwickeln.
Kurz gesagt
Das österreichische Staatsbürgerschaftsrecht ist geprägt durch das „Abstammungsprinzip“ und nicht das „Geburtsortsprinzip“. Die österreichische Staatbürgerschaft kann auch durch Verleihung erworben werden, sofern die allgemeinen Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllt sind.
Durch den freiwilligen Erwerb einer fremden Staatsbürgerschaft verliert man grundsätzlich die österreichische. Doppelstaatsbürgerschaften werden nur in Ausnahmefällen anerkannt.
Im Fokus der aktuellen politischen Diskussion steht die Forderung nach einem leichteren Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft – unter anderem durch eine Verkürzung der geforderten Aufenthaltsdauer sowie Hinzufügung eines Elements des „Geburtsortsprinzips“ .
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