Geld stinkt nicht: über Bestechung und Korruption
Die Ibiza-Affäre rückte das Thema Korruption ein Mal mehr in den Mittelpunkt der medialen Debatte, die nun durch die letzte Woche begonnenen Korruptionsprozesse zusätzlichen Aufschwung erfährt. Dabei dreht sich alles um den Vorwurf der Bestechung und der Bestechlichkeit. Das lädt dazu ein, die beiden Begriffe unter die Lupe zu nehmen und den Nebel rund um das allgegenwärtige, aber doch schemenhafte Schlagwort Korruption etwas zu lichten.
Geld stinkt nicht. Zu dieser Weisheit kam zumindest der römische Kaiser Vespasian, der seinem Sohn die – von diesem als besonders ungerecht empfundenen – Geldeinnahmen aus der Steuer auf öffentliche Toiletten unter die Nase hielt und ihn fragte, ob das Geld stinke. Als der Sohn dies verneinte, meinte er: „Und doch ist es vom Urin.“ Die daraus geborene Redewendung wird heute noch verwendet, um Geld aus unsauberen Einnahmequellen zu rechtfertigen. Sehr wohl einen faulen Geruch in der Nase der Öffentlichkeit haben nämlich Korruptionsfälle und Schmiergeldaktionen, die allerdings auch das Sprichwort nicht mehr bagatellisieren kann. Dabei muss es gar nicht um große Causen wie Eurofighter oder Buwog gehen, sondern kann Korruption in nahezu alltäglichen Situationen geschehen.
Aber zunächst: was genau ist Korruption eigentlich? Eine allgemeingültige Definition gibt es nicht. Transparency International versteht darunter den „Missbrauch anvertrauter Macht zum privaten Nutzen oder Vorteil“. Im österreichischen Strafgesetzbuch kommt der Begriff nur ein einziges Mal in Form einer Überschrift vor; danach folgen verschiedene Straftaten, die die abstrakte Problematik in konkrete Formen gießen. Meistens geht es dabei um das Prinzip „quid pro quo“ – ich gebe, damit du gibst.
Erstens Spende, zweitens Bestechung?
Der Bestechung macht sich schuldig, wer einer Amtsträgerin einen Vorteil anbietet, damit diese pflichtwidrig agiert, also illegal handelt oder von unsachlichen Motiven geleitet wird. Es handelt sich um ein ganz zentrales Korruptionsdelikt im Strafgesetzbuch. Amtsträgerin ist, vereinfacht gesagt, wer für den Bund, ein Bundesland, eine Gemeinde oder sonst für einen öffentlichen Rechtsträger (zB Universitäten) Aufgaben der Gesetzgebung, Verwaltung oder Justiz als deren Organ oder Dienstnehmerin wahrnimmt: Nationalratsabgeordnete, Polizistinnen, Lehrerinnen, Richterinnen, Krankenpflegerinnen, etc. Der Begriff umfasst daher alle Beamtinnen, geht aber noch weiter: auch Dienstnehmerinnen „staatsnaher Unternehmen“ (also solcher, die zu mindestens 50 % im Staatsbesitz sind), wie zum Beispiel der Wiener Linien GmbH, sind Amtsträgerinnen. Insofern kann man auch eine Fahrscheinkontrolleurin bestechen. Ausgenommen sind bloß untergeordnete, reine Hilfstätigkeiten, wie Reinigungs- oder Reparaturtätigkeiten. Irrelevant ist, ob die von den Amtsträgerinnen erledigten Aufgaben zur Hoheitsverwaltung (zB Erlass eines Steuerbescheides) oder Privatwirtschaftsverwaltung (etwa wenn eine Amtsträgerin für den Staat am privaten Markt neue Computer anschafft) gehören.
Eine verwandte Form der Bestechung ist die sogenannte „Vorteilszuwendung“: auch hier wird einer Amtsträgerin ein Vorteil zugewendet, jedoch nicht für pflichtwidriges, sondern pflichtgemäßes Verhalten: beispielsweise, wenn die Bürgermeisterin gesetzmäßig eine Baubewilligung erteilt und zum Dank zu einer Reise auf die Seychellen eingeladen wird. In der Praxis wird sich jedoch häufig das Problem stellen, dass der Zusammenhang zwischen dem Geschenk und dem Amtsgeschäft nicht eindeutig festgestellt werden kann. Etwa wenn der Amtsträgerin zwar ein Vorteil zukommt, aber nicht unmittelbar danach ein einschlägiges Amtsgeschäft getätigt wird. Denn manchmal geht es der Geschenkgeberin auch „nur“ darum, die Amtsträgerin durch Geschenke für die Zukunft positiv zu stimmen; man spricht hier griffig vom „Anfüttern“. Um solchen Manipulationen entgegenzuwirken, kennt das Strafgesetzbuch die „Vorteilszuwendung zur Beeinflussung“: strafbar macht sich bereits, wer einer Amtsträgerin Vorteile anbietet, um diese zu beeinflussen, mag auch keine Gegenleistung im Spiel sein.
Die soeben erwähnten Delikte stellen die aktive Seite der Bestechung dar, daneben gibt es freilich noch die passive. Spiegelbildlich zur Bestechung begeht auch die Amtsträgerin, die den Vorteil fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, ein Delikt: sie macht sich der Bestechlichkeit strafbar. Pendant zur „Vorteilszuwendung“ ist die „Vorteilsannahme“. Wer sich „anfüttern“ lässt, ist wegen „Vorteilsannahme zur Beeinflussung“ zu bestrafen. Gerade auf die passiven Seite passt auch nach dem Sprachgebrauch der Begriff Korruption besser, denn hier geht es ja um den Missbrauch anvertrauter Macht.
Nach ein paar Pralinen schon mit einem Fuß im Kriminal?
Als Dankeschön für den guten Unterricht schenkt die Mutter eines Schülers dem Klassenvorstand am Zeugnistag eine Tafel Bio-Schokolade – Korruption? Bei der Frage, ob jedes noch so kleine Geschenk strafbar ist, muss man unterscheiden: Bei der Bestechung können schon kleinste Aufmerksamkeiten strafbar sein. Wer der Ärztin Theaterkarten schenkt, um sich auf der Warteliste für die Corona-Impfungen vorzudrängeln, besticht. Ebenso, wer beim Falschparken erwischt wird und der Polizistin einen 10 Euro-Schein hinreicht, „um die Sache zu vergessen“. Bei der Vorteilszuwendung und der Vorteilszuwendung zur Beeinflussung gibt es hingegen eine Ausnahme für geringfügige und ortsübliche Geschenke. Diese Ausnahmen gibt es konsequenterweise auch für die passive Seite, also die Amtsträgerin. Die Grenze, was noch als geringfügig anzusehen ist, wird meist bei 100 Euro gezogen. Somit brauchen Mutter und Lehrerin im obigen Beispiel unbesorgt zu sein, denn die Lehrerin ist zwar Amtsträgerin, sie handelt jedoch nicht pflichtwidrig und das Geschenk ist zudem ortsüblich und geringfügig.
Die Krux mit den Parteispenden
Ein bisschen loser sind die Zügel in dieser Hinsicht beim Thema Parteispenden. Für solche sieht das Parteiengesetz konkrete Vorgaben vor, etwa zur Maximalhöhe oder zur Offenlegung der Spende. Dort ist auch festgelegt, dass Spenden unzulässig sind, wenn damit "erkennbar" ein "bestimmter Vorteil" erkauft werden soll. Da beim „Anfüttern“ durch Parteispenden – also etwa, um ein paar wohlwollende Freunde in Regierung zu gewinnen – kein bestimmter Vorteil angestrebt wird, ist eine nach dem Parteiengesetz zulässige Spende nicht strafbar. Jedenfalls wird dies von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft so gehandhabt. Umgekehrt fällt das „Erkaufen“ eines Gesetzes mittels Parteispende sehr wohl unter Bestechung: hier handelt es sich ja um einen bestimmten Vorteil, nämlich ein Gesetz, das erkauft werden soll – dadurch verhält sich die Amtsträgerin pflichtwidrig, weil sie sich von unsachlichen Motiven leiten lässt.
Im Korruptions-Wahrnehmungsindex ist Österreich übrigens im letzten Jahr um drei Plätze zurückgefallen und liegt damit auf Platz 15, somit über dem EU-Durchschnitt. Zumindest lässt sich dadurch ebenso das Signal wahrnehmen, dem Ist-Zustand entgegenzusteuern und Verbesserungen auf den Weg zu bringen. Denn Geld ist nicht immer geruchsneutral.
Kurz gesagt
Von Bestechung spricht man, wenn einer Amtsträgerin ein Vorteil zuwendet wird, damit diese pflichtwidrig agiert, also illegal handelt oder von unsachlichen Motiven geleitet wird.
Verwandte Formen sind die Vorteilszuwendung (hier wird der Amtsträgerin ein Vorteil für ein legales Geschäft zugewendet) und die Vorteilszuwendung zur Beeinflussung (hier erfolgt das Geschenk ohne eine konkrete Gegenleistung, sondern "bloß", um eine Amtsträgerin für die Zukunft positiv zu stimmen). Im Unterschied zur Bestechung gibt es bei diesen Delikten auch eine Ausnahme für ortsübliche und geringfügige Geschenke.
Parteispenden, die nach dem Parteiengesetz zulässig sind, sind nur strafbar, wenn erkennbar ein bestimmter Vorteil erkauft werden soll.
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