Die Dose bekommt eine Delle: Hausdurchsuchung bei Red Bull
Am vergangenen Montag statteten die Europäische Kommission und die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde dem Konzernriesen Red Bull einen unangenehmen Besuch ab. Auf dem Firmengelände des Energy-Drink-Herstellers wurden nämlich Hausdurchsuchungen durchgeführt. Grund dafür: Im Raum steht der Verdacht, dass Red Bull gegen das europäische Wettbewerbsrecht (= Kartellrecht) verstoßen haben könnte.
Das Wettbewerbsrecht verfolgt den Zweck, freien Wettbewerb unter den an der Marktwirtschaft teilnehmenden Wettbewerberinnen sicherzustellen. Es baut (von der sogenannten Fusionskontrolle einmal abgesehen) auf zwei Säulen auf. Zum einen verbieten die kartellrechtlichen Vorschriften wettbewerbsbeschränkende Absprachen und Verhaltensweisen zwischen Unternehmerinnen: Danach ist es zum Beispiel untersagt, sich den Markt mit konkurrierenden Unternehmen (etwa räumlich) aufzuteilen oder gemeinsam Mindestpreise für zu verkaufende Produkte festzulegen.
Große Unternehmen wie Red Bull, denen eine sogenannte „marktbeherrschende Stellung“ zukommt, werden von den Wettbewerbsbehörden aber zusätzlich einem besonders strengen Kontrollregime unterzogen. Von einer solchen Stellung wird üblicherweise dann gesprochen, wenn ein Unternehmen einen Markt zu mehr als 40 % beherrscht. Ist ein Unternehmen derart mächtig, darf es seine Marktstellung nicht unfair ausnutzen. Das wäre etwa der Fall, wenn ein mächtiges Unternehmen seine Abnehmer zu unvorteilhaften Bedingungen in einen Vertrag „zwingt“, weil diese unweigerlich auf den Vertrag angewiesen sind.
Welcher Vorwurf gegen Red Bull nun konkret im Raum steht, ist bis dato weder der Stellungnahme der Europäischen Kommission noch jener von Red Bull selbst zu entnehmen. Klar ist aber: Stellen die Behörden einen Verstoß fest, dann drohen dem Getränkehersteller drakonische Strafen. Bei vorsätzlichen Kartellverstößen sind Geldstrafen von bis zu 10 % des Jahresumsatzes denkbar. Das hat in jüngerer Vergangenheit beispielsweise Google besonders hart zu spüren bekommen: Weil der Konzern seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und Nutzern seiner Android-Software die Verwendung von Google-Apps aufgedrängt hat, wurde von der Europäischen Kommission eine Rekordgeldbuße in Höhe von 4,3 Mrd. € verhängt.
So weit ist es in der Causa Red Bull freilich noch nicht: Eine Hausdurchsuchung bedeutet keineswegs, dass das betroffene Unternehmen auch tatsächlich einen Wettbewerbsverstoß begangen hat. Vielmehr reicht für die Durchführung einer Hausdurchsuchung ein „begründeter Verdacht“ aus. Auf dieser Basis kann die Europäische Kommission tätig werden und Ermittlungshandlungen setzen, wenn ein Kartellverstoß mit grenzüberschreitendem Ausmaß zu befürchten ist. Die Bundeswettbewerbsbehörde – die innerhalb Österreichs für die Verfolgung von Kartellverstößen zuständig ist – unterstützt die Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben.
Ermittlungshandlungen wie unangekündigte Hausdurchsuchungen ("dawn raids") sind besonders wichtig, um Kartellverstöße feststellen und nachweisen zu können. Dazu kennt das Kartellrecht auch noch sogenannte Kronzeugenregelungen: Danach kann einem Unternehmen, dass sich selbst an die Wettbewerbsbehörden wendet und einen Kartellverstoß zugibt, die Geldbuße erlassen werden. In diesen Genuss wird Red Bull im konkreten Fall aber nicht mehr kommen können.
Kurz gesagt
Die Europäische Kommission ermittelt gegen Red Bull wegen möglicher Verstöße gegen das europäische Kartellrecht. Ob es dabei um wettbewerbsbeschränkende Absprachen oder die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung geht, ist bisher nicht bekannt.
Bei Verstößen gegen das europäische Kartellrecht sind drastische Geldstrafen bis zu einer Höhe von 10 % des jährlichen Unternehmensumsatzes denkbar.
Zum Nachweis von Kartellverstößen kommen den Behörden unterschiedliche Ermittlungsbefugnisse zu: Besonders hervorzuheben sind Hausdurchsuchungen. Aber auch Kronzeugenprogramme stellen ein wirksames Mittel zur Aufdeckung von Verstößen dar.
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