CAVE CANEM! Ein tödlicher Hundebiss wirft (Rechts)fragen auf!
Die aktuelle Kalenderwoche wartete gleich zu Beginn mit einer schrecklichen Schlagzeile auf. In der oberösterreichischen Gemeinde Naarn wurde eine sechzigjährige Joggerin frühmorgens von einem American Staffordshire Terrier attackiert und tödlich verletzt. Selbst die anwesende Hundehalterin konnte ihren Hund nicht mehr bändigen und musste ihrerseits mit schweren Bissverletzungen in ein nahegelegenes Krankenhaus eingeliefert werden. Die ernüchternde Bilanz des Vorfalls: eine Tote, eine Schwerverletzte, ein (wegen Gefahr in Verzug) eingeschläferter Hund und ein vielerorts wahrnehmbarer Ruf nach schärferen Regeln für die Haltung bedrohlicher Tiere. Doch welche Gesetze gibt es in diesem Zusammenhang überhaupt?
Das ist eine schwierige Frage. Denn gesetzliche Regelungen, die dem Schutz des Menschen vor gefährlichen Tieren dienen, sind (anders als Regeln zum Tierschutz!) in Gesetzgebung Landessache. Unjuristisch gesprochen bedeutet das: Jedes Bundesland legt selbst fest, unter welchen Voraussetzungen diese Tiere gehalten werden dürfen. Teils haben die Bundesländer zu diesem Zweck sogar eigene Gesetze erlassen.
Ein Beispiel hierfür ist das Wiener Tierhaltegesetz, das im österreichweiten Vergleich als besonders streng gilt. In Wien gilt danach für Hunde etwa an allen öffentlichen Orten eine generelle „Leinen- oder Beißkorbpflicht“. Finden an einem Ort „üblicherweise größere Menschenansammlungen“ statt, dann intensiviert sich diese Pflicht sogar noch: In Restaurants oder öffentlichen Verkehrsmitteln muss deshalb stets ein Maulkorb getragen werden.
Hund ist aber natürlich nicht gleich Hund; denn wie der aktuelle Fall aus Oberösterreich zeigt, gehen von einem Staffordshire Terrier ganz andere Gefahren aus als von einem kleinen Chihuahua oder einem niedlichen Zwergspitz. Für die Haltung hundeführerscheinpflichtiger Hunde (sogenannte „Listenhunde“) gelten in Wien daher besondere Regeln.
Welche Hunderassen in diese Kategorie fallen, hat die MA 60 mit einer Verordnung festgelegt. Derzeit sind das:
Wer einen solchen Hund besitzt, muss sich beispielsweise einer regelmäßigen (alle 24 Monate!) Hundeführerscheinprüfung unterziehen. Und auch nach erfolgreicher Absolvierung dieser Prüfung ist besondere Vorsicht gefragt: Hat man einmal zu viel getrunken (≥ 0,5 Promille), darf man mit seinem Listenhund etwa keinesfalls mehr Gassi gehen. Bei Nichtbeachtung einer dieser – im Detail sehr umfassenden – Regeln drohen der Hundehalterin empfindliche Geldstrafen von bis zu € 20 000.
Doch damit noch nicht genug: Richtig teuer wird es für die Hundehalterin nämlich dann, wenn sie tatsächlich die Kontrolle über ihren Hund verliert. Schließlich haftet die Halterin in diesem Fall für sämtliche von ihrem Tier verursachte Sach- und Personenschäden, sofern sie nicht beweisen kann, dass dieses ordnungsgemäß beaufsichtigt worden ist (§ 1320 des Allgemein Bürgerlichen Gesetzbuchs). Da aber gerade bei bekanntermaßen gefährlichen Hunden besondere Vorsicht zu walten hat, wird dieser Beweis in der Praxis wohl nur selten gelingen.
Im aktuell diskutierten Fall könnte der Hundebesitzerin obendrein sogar noch ein Strafverfahren ins Haus stehen. Zumindest verlautbarte die örtliche Polizei bereits am Dienstag, strafrechtliche Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung (Strafmaß: bis zu 3 Jahre Haft) eingeleitet zu haben.
Womit wir wieder bei unserem Ausgangsfall im oberösterreichischen Naarn angekommen wären. Dort wird nun lautstark gefordert, das landeseigene Hundehaltegesetz an die Standards der Bundeshauptstadt anzupassen. In Oberösterreich bestehen zurzeit nämlich kaum einschlägige Regelungen: Vielmehr darf jede Person ab ihrem 16. Geburtstag einen Hund halten, sofern sie nur einen sechsstündigen Sachkundekurs besucht hat. Listenhunde werden in Oberösterreich bis dato überhaupt nicht definiert, so dass für gefährliche Staffordshire Terrier – auch im konkreten Fall – keine weitergehenden Regelungen greifen.
Zumindest in dieser Hinsicht ist der oberösterreichische Gesetzgeber nun wohl tatsächlich zum Handeln gezwungen. Denn mit der derzeitigen Rechtslage ist keinem geholfen; und die betroffenen Hunde werden (aufgrund unzureichender Haltung) genauso zu Leidtragenden wie die tragischen Opfer dieser Attacken.
Kurz gesagt
Der Schutz des Menschen vor gefährlichen Tieren ist in Gesetzgebung Landessache. Die Voraussetzungen, unter denen Hunde gehalten werden dürfen, variieren deshalb von Bundesland zu Bundesland.
Das Wiener Tierhaltegesetz ist in dieser Hinsicht vergleichsweise streng. Sogenannte Listenhunde dürfen nur nach erfolgreicher Absolvierung eines Hundeführerscheins gehalten werden. In Oberösterreich genügt dafür hingegen der Besuch eines sechsstündigen Sachkundekurses.
Die Halterin ist für ihren Hund rechtlich verantwortlich. Sie haftet deshalb für von ihrem Hund verursachte Schäden, wenn sie nicht ausnahmsweise beweisen kann, dass der Schaden trotz ordnungsgemäßer Beaufsichtigung des Tieres entstanden ist. Schlimmstenfalls kann eine Hundeattacke sogar strafrechtliche Folgen haben - gegen die Hundehalterin aus Naarn (OÖ) wird deshalb zurzeit wegen fahrlässiger Tötung ermittelt!
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