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AutorenbildNikolaus Handig

Buschenschanken, kalte Speisen und die Verfassung

In Wien wird dieser Tage der Neustifter Kirtag gefeiert. Was dabei neben Dirndl, Lederhose und Spritzwein nicht fehlen darf, sind rechtliche fun facts zum Ort des Geschehens: der Buschenschank.


Zunächst einmal: Man kann sowohl „die“ als auch „der“ Buschenschank sagen. Ersteres tut der Duden, einschlägige Gesetze hingegen verwenden den männlichen Artikel. Mit diesem Begriff werden gleichzeitig eine Tätigkeit und der Ort, an dem diese ausgeführt wird, bezeichnet. In den Worten des Wiener Buschenschankgesetzes sind Personen, „die in Wien gelegene Wein- und Obstgärten besitzen und in Wien ihre Betriebsstätte haben, […] berechtigt, nach Maßgabe dieses Gesetzes Wein und Obstwein, Trauben- und Obstmost, Trauben- und Obstsaft aus betriebseigener Fechsung sowie selbst gebrannte geistige Getränke entgeltlich auszuschenken (Buschenschank)“ (§ 1).

 

Nur nichts Warmes

Daneben ist im Gesetz ausführlich geregelt, welche Speisen eine Wiener Buschenschank verabreichen darf: Erlaubt ist „die Verabreichung von allen heimischen Wurst- und Käsesorten, Schinken und geräuchertem Fleisch, Speck, kaltem Fleisch und kaltem Geflügel, kaltem Wild und Wiener Schnecke, kalten und geräucherten heimischen Fischen, Sardinen, Sardellenringen und Rollmöpsen, Salaten, Essiggemüse, hartgekochten Eiern, Brotaufstrichen aller Art, Butter und Schmalz, Grammeln, Salzmandeln und Erdnüssen, Weingebäck wie Weinbeißern, Kartoffelrohscheiben, Salzgebäck, Brot und Gebäck, Waffeln, nach typischen bäuerlichen Rezepten hergestellten Mehlspeisen aus eigener Erzeugung sowie heimischem Obst und Gemüse unter Ausschluss aller warmen Speisen“ (§ 10 Abs 2).

 

Auffällig dabei ist, dass warme Speisen nicht serviert werden dürfen. Unter anderem aus diesem Grund wandte sich eine Buschenschankbetreiberin, die warme geselchte Bratwürste anbieten wollte, vor einigen Jahren an den Verfassungsgerichtshof. Sie war zwar aus Niederösterreich, weshalb das Wiener Buschenschankgesetz auf sie nicht anwendbar war – das Verbot, warme Speisen zu servieren, galt und gilt aber auch dort aufgrund des niederösterreichischen Buschenschankgesetzes.

 

Buschenschank ist kein Gastgewerbe

Der Gerichtshof stellte in der Folge klar, dass der Landesgesetzgeber die Verabreichung warmer Speisen nicht nur verbieten darf, sondern sogar muss. Die Erklärung dafür hat damit zu tun, dass im Bundesstaat Österreich die Kompetenzen für die Gesetzgebung und die Vollziehung der Gesetze zwischen dem Bund und den Bundesländern aufgeteilt sind. In dieser bundesstaatlichen Aufgabenverteilung fällt z. B. das Strafrecht dem Bund und das Naturschutzrecht den Ländern zu.

 

Die Zuständigkeit für Gastronomiebetriebe liegt – in Gesetzgebung und Vollziehung – beim Bund, weil dieser für „Angelegenheiten des Gewerbes“ gemäß Artikel 10 Absatz 8 Ziffer 8 B‑VG verantwortlich ist. Nur er regelt, wer warme Speisen verabreichen darf. Das einschlägige Gesetz hierfür ist die Gewerbeordnung. Der Buschenschankbetrieb fällt jedoch nicht unter die Angelegenheiten des Gewerbes, sondern in den selbständigen Wirkungsbereich der Länder – er ist vom jeweiligen Bundesland zu regeln.

 

Im Ergebnis gilt: Möchte eine Buschenschankbetreiberin warme Speisen anbieten, so benötigt sie eine Gastgewerbeberechtigung. Die bloße Anmeldung eines Buschenschanks ist nicht ausreichend. Das sei allerdings nicht so schlimm, meinte der Verfassungsgerichtshof sinngemäß. Denn: „Wie die gerichtsbekannte Praxis des Buschenschankwesens zeigt, verfügen zahlreiche Buschenschanken auch über eine entsprechende ergänzende Gastgewerbeberechtigung.“ Na dann: Prost, Mahlzeit!

 

Kurzgesagt:

  • Kern des Buschenschanks ist es, Wein und Obstwein, Trauben- und Obstmost, Trauben- und Obstsaft aus betriebseigener Ernte sowie selbst gebrannte geistige Getränke entgeltlich auszuschenken.

  • Daneben dürfen Buschenschanken auch kalte, in den jeweiligen Landesgesetzen näher bestimmte Speisen verabreichen.

  • Möchte eine Buschenschankbetreiberin warme Speisen anbieten, so benötigt sie eine Gastgewerbeberechtigung.

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