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AutorenbildViktoria Jedlicka

Andere Länder, andere Sitten? Sittenpolizei im Iran

Nachdem im Iran eine 22-jährige in Polizeigewahrsam starb, kochen die Proteste im Iran weiter hoch. Die stattfindenden Proteste in zahlreichen iranischen Städten haben bereits eine hohe Zahl an Toten zur Folge. Die Organisation Iran Human Rights (IHR), die ihren Sitz in Oslo hat, berichtete am Samstag, den 24. September 2022, von mindestens 50 Toten. Nach Angaben des Staatsfernsehens sind im Zuge der Proteste mindestens 17 Menschen gestorben. Zu den Opfern zählen sowohl Demonstranten als auch Sicherheitskräfte. Doch was war der Auslöser der landesweiten Proteste und was hat die Sittenpolizei damit zu tun?


Ursache der Proteste im Iran

Auslöser der landesweiten Unruhen war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini, einer iranischen Frau mit kurdischer Herkunft. Bevor die junge Iranerin starb, wurde sie in Teheran, der Hauptstadt des Irans, von der sogenannten Sittenpolizei verhaftet. Was war der Grund? Die 22-jährige habe „unislamische“ Kleidung getragen, indem sie ihr Kopftuch nicht entsprechend den Kleidungsvorschriften trug. Was genau nach der Festnahme passierte, ist unklar. Bekannt ist, dass die junge Frau ins Koma fiel und wenig später starb. Was sind die Aufgaben und Befugnisse der Sittenpolizei im Iran? Eine solche ist dem österreichischen Recht und Staat fremd.


Aufgaben der Sittenpolizei im Iran

Die Religions- und Sittenpolizei des Irans wurde nach der islamischen Revolution im Jahr 1979 gegründet. Sinn und Zweck dieser Sittenpolizei war es, die Machtvorstellungen der jeweiligen Machthaber durchzusetzen. Die islamische Revolution führte 1979 zur Absetzung von Schah Mohammad Reza Pahlavi, der zuvor im Iran herrschte, und zur Beendigung der Monarchie im Iran. Vor der islamischen Revolution gab es zwar keinen funktionierenden Rechtsstaat und keine Demokratie, jedoch waren Frauen nicht verpflichtet, sich strengen ideologischen Regeln zu unterwerfen. Seit 1979 ist die Sittenpolizei verpflichtet, Verordnungen der Rechts- und Religionsgelehrten, nämlich der Mullahs, auf den Straßen zu exekutieren. Zu den Aufgaben der islamischen Religionspolizei zählen die Durchsetzung der Gesetze der Scharia sowie die Verhinderung von Regelverstößen, wie beispielsweise von Verstößen gegen die vorschriftsmäßige Kleidung von Frauen.


Frauenfeindliche Regeln

Die Beamten der Sittenpolizei ermahnen die Betroffenen, wenn sie Regelverstöße wie die Nichtbeachtung der strengen Kleidungsvorschriften wahrnehmen. Laut sozialen Netzwerken gehen diese auch teilweise mit Gewalt vor. Die Kleidungsvorschriften im Iran lauten wie folgt: Frauen sind verpflichtet, in der Öffentlichkeit Kopftuch sowie lange, Arme und Beine bedeckende Kleidung zu tragen. Enge Hosen sind für Frauen tabu. Insbesondere in Großstädten betrachten einige Frauen die Vorschriften als eher locker, was sich zum Beispiel durch Tragen des Kopftuches am Hinterkopf zeigt.

Diese Entwicklungen werden von der Sittenpolizei nicht gerne gesehen und als Bedrohung erachtet, da eine Lockerung der Gesetze, unter anderem der Kleidungsvorschriften, zum Verlust der Daseinsberechtigung der Religions- und Sittenpolizei führen würde. Frauen, die die Regeln missachten, haben es jedoch nicht nur mit der Sittenpolizei zu tun, sondern auch mit Angriffen von Konservativen aus der Zivilbevölkerung.


Exkurs: Scharia als Rechtssystem

Laut seiner Verfassung ist der Iran eine Republik, die demokratische Elemente aufweist. Die islamische Revolution und Machtübernahme durch die Mullahs 1979 hatten auch eine Änderung des iranischen Rechts zur Folge. Ab diesem Zeitpunkt galt nur noch das islamische Recht, die Scharia. Die Scharia basiert auf dem Koran sowie auf Überlieferungen und auf Auslegungen. Im Iran wurden alle Gerichte aus der Zeit des Schahs, also vor der islamischen Revolution, aufgelöst. Gesetze, die mit dem Islam unvereinbar waren, wurden aufgehoben. Viele Menschenrechte, die international anerkannt sind, sowie die Glaubensfreiheit, die Meinungsfreiheit oder die Gleichstellung von Mann und Frau, gelten als mit der Scharia unvereinbar. Die Nahostexpertin von Amnesty International Deutschland, Katja Müller-Fahlbusch, meinte dazu: „Die iranische Regierung verletzt seit Jahren systematisch fundamentale Menschenrechte. Willkürliche Verhaftungen, Folter, außergerichtliche Hinrichtungen sowie die brutale Niederschlagung von Protesten werden durch die grassierende Straflosigkeit gefördert.“ Es bleibt abzuwarten, ob und inwieweit die landesweiten Proteste im Iran ein Umdenken nach sich ziehen.


Kurz gesagt:

  • Die Religions- und Sittenpolizei des Irans, gegründet nach der islamischen Revolution im Jahr 1979, hat die Aufgabe, die Gesetze der Scharia durchzusetzen sowie Regelverstöße, wie beispielsweise Verstöße gegen die vorschriftsmäßige Kleidung von Frauen, zu verhindern.

  • Die Beamten der Sittenpolizei ermahnen bei Regelverstößen die Betroffenen; laut Aussagen in sozialen Netzwerken ist es jedoch nicht unüblich, dass sie teilweise auch mit Gewalt vorgehen.

  • Durch die islamische Revolution und Machtübernahme durch die Mullahs 1979 galt nur noch das islamische Recht, die Scharia. Gesetze, die mit dem Islam unvereinbar waren, wurden aufgehoben und international anerkannte Menschenrechte gelten als mit der Scharia unvereinbar.

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